Was bedeutet "Reverse Charge"?

Der Begriff Reverse Charge (deutsch: Umkehr der Steuerschuldnerschaft) beschreibt ein Verfahren im Umsatzsteuerrecht, bei dem nicht der leistende Unternehmer (also z. B. der Freelancer oder Dienstleister), sondern der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet.

Das Verfahren kommt vor allem bei grenzüberschreitenden Leistungen innerhalb der EU oder bei bestimmten Dienstleistungen und Bauleistungen zum Einsatz.


Wann kommt Reverse Charge zur Anwendung?

Typische Szenarien:

  1. Leistungen an Unternehmen im EU-Ausland
    • Du sitzt z. B. in Deutschland und erbringst eine Software-Dienstleistung für ein Unternehmen in Österreich.
    • Du stellst eine Netto-Rechnung, ohne deutsche Umsatzsteuer.
    • Auf der Rechnung steht:
      Hinweis: Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gemäß § 13b UStG / Reverse Charge.
  2. Bestimmte Leistungen im Inland (Deutschland)
    • Du beauftragst als Unternehmen einen Subunternehmer im Baugewerbe.
    • Reverse Charge greift auch hier, obwohl beide in Deutschland sitzen.
  3. Digitale Dienstleistungen an Geschäftskunden in der EU
    • Z. B. Serverwartung, Softwareentwicklung, Datenanalyse etc.

Beispiel 1: Reverse Charge bei IT-Dienstleistung

Ausgangslage:

  • Du bist Solo-Entwickler in Berlin.
  • Du entwickelst ein Plugin für eine Firma in Paris.
  • Beide Unternehmen sind umsatzsteuerpflichtig und haben eine gültige USt-IdNr..

So sieht die Rechnung aus:

Rechnungsbetrag: 2.000,00 EUR netto
USt: entfällt (Reverse Charge)
Gesamtbetrag: 2.000,00 EUR

Hinweis: Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gemäß Art. 196 MwStSystRL i.V.m. § 13b UStG (Reverse Charge).

Der französische Kunde meldet die Steuer in seinem Land. Du musst die Leistung in deiner Zusammenfassenden Meldung (ZM) angeben, aber keine Umsatzsteuer abführen.


Beispiel 2: Reverse Charge bei Bauleistung in Deutschland

Ausgangslage:

  • Du bist IT-Dienstleister und betreibst auch Serverräume.
  • Du beauftragst ein Bauunternehmen für Verkabelung.

Da du selbst Bauleistungen anbietest, bist du als Leistungsempfänger für die Umsatzsteuer verantwortlich. Du erhältst eine Netto-Rechnung und musst die Steuer selbst anmelden.


Wichtig: Formale Anforderungen

Damit Reverse Charge korrekt angewendet werden kann:

✅ Gültige USt-IdNr. des Kunden muss vorliegen (bei EU-Leistungen)
✅ Hinweis auf Reverse Charge muss klar auf der Rechnung stehen
✅ Leistung muss nachweislich im Ausland erbracht worden sein (bei grenzüberschreitenden Leistungen)
✅ Bei innerdeutschem Reverse Charge: prüfen, ob die Leistung unter §13b UStG fällt


Fazit

Das Reverse-Charge-Verfahren entlastet dich als Freelancer bei Auslandsleistungen von der Umsatzsteuerpflicht – aber nur, wenn du es korrekt anwendest. Professionelle Rechnungstools können dabei helfen, alle formalen Anforderungen automatisch zu berücksichtigen – inklusive Hinweistext und USt-Id-Prüfung.


🔍 Glossar-Zusammenfassung

BegriffBedeutung
Reverse ChargeUmkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG
LeistungsempfängerSchuldet die Umsatzsteuer statt Leistungserbringer
USt-IdNr.Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (Pflicht bei EU-Geschäften)
§ 13b UStGGesetzliche Grundlage für Reverse-Charge in Deutschland
Zusammenfassende Meldung (ZM)Meldepflicht für innergemeinschaftliche Leistungen

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